BGH "Holzhocker": Widerrufsbelehrung auf Website nicht ausreichend

Leitsatz des BGH: Die dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen gemäß §§ 312c, 355 BGB zu erteilenden Informationen müssen nicht nur vom Unternehmer in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise abgegeben werden, sondern auch dem Verbraucher in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise zugehen. Dementsprechend reicht die Speicherung dieser Informationen auf der Website des Unternehmers ebenso wenig für das Anlaufen der Widerrufsfrist von zwei Wochen gemäß § 355 Abs. 1 S. 2 BGB aus wie die Möglichkeit, diese Informationen nach Vertragsschluss bei eBay abzurufen (BGH, Urteil vom 29.4.2010, Az.: I ZR 66/08 - Holzhocker).

 

In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um einen eBay-Verkäufer, der bei eBay unter der Rubrik "Sofort-Kaufen" Holzhocker in Tierformen anbot. In seinem Angebot belehrte er über das Widerrufsrecht auszugsweise wie folgt: "Sie können Ihre Vertragserklärungg innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax- E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Rücksendung beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung." Der Käufer konnte diese Belehrung speichern und ausdrucken. Ferner konnte er bei "Mein eBay" - dort unter "Ich habe gekauft" - das vollständige Kaufangebot einschließlich der Belehrung nach Abschluss des Kaufvertrags aufrufen.

Nach Auffasung des BGH genügt diese Art der Belehrung des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Die Widerrufsbelehrung geht dem Käufer nämlich nicht vor Abgabe seines Vertragsangebots (Anklicken des "Sofort-Kaufen"-Buttons) in Textform zu. Dies wäre aber Voraussetzung dafür, dass der Verkäufer dem Käufer nur ein zweiwöchiges Widerrufsrecht einräumen kann. Das bloße Bereithalten der Widerrufsbelehung und die Möglichkeit zu deren Speicherung auf der Angebotsseite von eBay reicht nicht aus, um eine Widerrufsfrist von zwei Wochen (nach der Gesetzesreform nun 14 Tage) anlaufen zu lassen. Denn auf diese Weise geht die Belehrung dem Verbraucher vor Vertragsschluss nicht ohne dessen weiteres Zutun in Textform zu, solange er sie nicht auf seinem eigenen Computer abgespeichert oder ausdruckt.

Hinweis für die Praxis: Auch nach der umfassenden Reform des Widerruf- und Rückgaberechts hat sich an den Formerfordernissen bezüglich der Widerrufsbelehrung nichts geändert. Insofern müssen Sie den Käufer vor Abschluss des Vertrages über sein Widerrufsrecht belehren, um die 14-tägige Widerrufsfrist verwenden zu können. Eine Erleichterung sieht jedoch der Gesetzgeber ausdrücklich für eBay-Verkäufer vor: Die 14-tägige Widerrufsfrist kann auch dann verwendet werden, wenn dem Käufer die Widerrufsbelehrung unverzüglich nach Vertragsschluss mitgeteilt wird (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB). Hierdurch wollte der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass der Verkäufer auf eBay oder anderen Internetauktionshäusern regelmäßig erst nach Vertragsschluss (Auktionsende oder "Sofort-Kaufen") weiß, wer sein Vertragspartner ist, und insofern auch erst nach Vertragsschluss über das Widerrufsrecht belehren kann. Jedoch ist bisher ungeklärt, was "unverzüglich nach Vertragsschluss" bedeutet, so dass hier weiterhin Unsicherheit besteht und die künftige Entwicklung in der Rechtsprechung in diesem Bereich beobachtet werden sollte. Vorsichtshalber empfehlen wir, auf eBay ein Widerrufsrecht mit einer Frist von einem Monat vorzusehen und die vom Gesetzgeber vorgesehene Musterwiderrufsbelehrung zu verwenden.