Kann von einem Verbraucher verlangt werden, einen Online-Vertrag schriftlich zu kündigen?
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- Geschrieben von Matthias Pilz
Seit dem 01.10.2016 ist es Gesetz: Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) können Verbrauchern für Erklärungen, die ihnen oder Dritten gegenüber abgegeben werden müssen, in aller Regel allenfalls Textform abverlangen, nicht aber Schriftform – siehe § 309 Nr.13 BGB. Kurz gesagt: Der Verbraucher kann auch einfach eine E-Mail schreiben, er kann nicht zu einem eigenhändig unterzeichneten Brief oder Fax gezwungen werden.
Bis zum 30.09.2016 war das noch anders, und das führte zu erstaunlichen Konstellationen:
Bei einer reinen Online-Partnervermittlung wurde die Kommunikation ausschließlich digital geführt. Die Anmeldung erfolgte digital und die Leistungen des Portals wurden digital abgerufen und erbracht, auch hatte das Portal selbst laut AGB das Recht, durch E-Mail den Vertrag außerordentlich zu kündigen. Nur eine Ausnahme hiervon stand in den AGB: Für die Kündigung durch den Verbraucher verlangten die AGB Schriftform gemäß § 126 BGB, also Brief oder Fax mit eigenhändiger Unterschrift. Das sei zur Prüfung der Identität und zur Sicherung gegen Missbrauch erforderlich und nach § 309 Nr.13 alte Fassung BGB auch zulässig, meinte die Online-Partnervermittlung. Der Dachverband der Verbraucherzentralen ging dagegen gerichtlich vor. Er sah hierin den Versuch, dem Verbraucher die Kündigung zu erschweren, und damit eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs.2 Nr.2 BGB.
Der Bundesgerichtshof gab mit Urteil vom 14.07.2016, III ZR 387/15 der Verbraucherzentrale Recht: Es gibt keinen vernünftigen Grund, für die Kündigung Schriftform mit eigenhändiger Unterschrift zu verlangen, wenn dies für den Vertragsschluss und die sonstige Vertragsabwicklung nicht verlangt wurde. Offen bleibt, ob die Unwirksamkeit der Klausel auch daraus folgt, dass sie für den Verbraucher überraschend sei.
Für Verträge, die nach dem 30.09.2016 entstanden sind, kommt man schon durch Anwendung des neuen § 309 Nr.13 BGB zu diesem Ergebnis. Mit dem Urteil des BGH vom 14.07.2016 können reine Online-Verträge aber auch dann online oder per Mail gekündigt werden, wenn sie vor dem 01.10.2016 geschlossen wurden.