Erste Gerichtsentscheidungen zum neuen Verbraucherrecht

Das neue Verbraucherrecht setzt die europäischen Vorgaben nach der Verbraucherrichtlinie um und ist aktuell mehr als ein halbes Jahr seit dem 13.06.2014 in Kraft. Die neuen Regelungen lassen bedauerlicherweise viele Fragen offen, so dass, wie bereits auch schon bei vergangenen Reformen, die Gerichte gefragt sind, die gesetzlichen Vorgaben zu präzisieren.

Allmählich gibt es erste Entscheidungen zum neuen Verbraucherrecht: allen voran und ziemlich schnell nach Inkrafttreten der Neuregelung entschied das LG Bochum zur Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung und etwas später das OLG München zum Hinweis auf den Liefertermin.

 

LG Bochum zu Telefonnummer in Widerrufsbelehrung

Das LG Bochum (Urteil vom 06.08.2014, Az.: 13 O 102/14) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob in einer Widerrufsbelehrung die Kontaktdaten wie Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse vom Onlinehändler konkret anzugeben sind oder ob der allgemeine Hinweis ausreichend ist, dass der Widerruf per Post, Telefax oder E-Mail erklärt werden kann.

Das Gericht entschied, dass die im Streitfall vom Onlinehändler verwendete Widerrufsbelehrung insoweit nicht vollständig sei, als sie weder Telefonnummer, Faxnummer noch E-Mail-Adresse enthalte. Der Widerruf erfolge durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer, wobei aus der Erklärung der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrages eindeutig hervorgehen müsse. Nach der seit dem 13.06.2014 geltenden Neuregelung könne der Widerruf formlos erklärt werden, also auch mündlich, telefonisch, durch Fax oder E-Mail. Auch wenn die Nennung der Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse nicht unmittelbar im Gesetz, sondern lediglich in dem Gestaltungshinweis zur Muster-Widerrufserklärung erwähnt sei, werde aus dem Gesamtkontext deutlich, dass der Gesetzgeber, der mit der Neufassung die Ausübung des Widerrufsrechts für den Verbraucher dadurch erleichtern wollte, dass die bisherige Formvorschrift wegfiel, eine ausreichende Information des Verbrauchers über diese Neuregelung und die Möglichkeiten des Widerrufs durch Benutzung von Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse sicherstellen wollte. Nach dem LG Bochum gebiete daher eine vollständige und richtige Widerrufsbelehrung die Nennung von Telefonnummer, Telefaxnummer und E-Mail-Adresse, sofern diese verfügbar sind.

Onlinehändlern ist daher zu raten, sofern sie bereits im Impressum die Kontaktaufnahme via Telefon, Telefax und E-Mail anbieten, diese Angaben vollständig auch in ihre Widerrufsbelehrung aufzunehmen. Dies gilt selbstverständlich nur für solche Onlinehändler, die Fernabsatzverträge mit Verbrauchern schließen, d. h. an Verbraucher verkaufen bzw. ihre Dienstleistungen anbieten.

OLG München zu Lieferzeitangaben

Das OLG München (Beschluss vom 08.10.2014, Az.: 29 W 1935/14) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob Onlinehändler nach der seit dem 13.06.2014 in Kraft getretenen Neuregelung zur Nennung eines Termins, bis zu dem der Unternehmer die Ware liefern muss (vgl. Artikel 246 a, § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB), weiterhin wie bisher Circa-Angaben machen können. Das Gericht bejahte diese Frage.

Der in dem Verfahren betroffene Onlinehändler hatte in seinem Onlineshop eine Lieferzeit von „ca. 2 – 4 Werktagen“ angegeben. Das OLG München hielt diese Angabe für hinreichend bestimmt und ausreichend transparent, da für den Vertragspartner erkennbar ist, bis zu welchem Termin der Verkäufer die Ware liefern muss, nämlich spätestens nach 4 Tagen.

Onlinehändler können auf Grundlage der Entscheidung des OLG München weiterhin auf Circa-Angaben der Lieferzeit zurückgreifen. Die Entscheidung ist insofern erfreulich, als die gesetzliche Vorschrift bei wörtlicher Auslegung verlangt, dass der Onlinehändler den konkreten Liefertermin nennen muss, was in der Praxis regelmäßig schwierig ist. Als Kritikpunkt verbleibt, dass das OLG München nicht zwischen Tagen und Werktagen differenziert.